Stefanie Scheurell

Haute Couture
Veronika Fischer

Zur Arbeit Haute Couture – Décollage  

In der Reihe Haute Couture bedient sich die Künstlerin Stefanie Scheurell Motiven, die auf Werbeplakaten von Parfümerien und Modehäusern gedruckt sind. „Haute Couture“ bedeutet wörtlich übersetzt „gehobene Schneiderei“ und meint maßgeschneiderte Modekreationen, die aus luxuriösen Materialien in Handarbeit gefertigt werden. Beiderlei Bedeutungen trägt Stefanie Scheurell in ihrem Werkzyklus Rechnung. Sie schafft aus Vorgaben des Luxussegmentes in Handarbeit individuelle Einzelstücke – ebenfalls durch die Methodik der „gehobenen Schneiderei“: Mit der Präzession einer Schönheitschirurgin setzt die Künstlerin ihr Messer in die Haut der glatten Oberflächen und demontiert diese in der Modewelt erschaffenen Fassaden. Die Perfektion wird aufgebrochen, das Makellose zerstört, die Message der Werbung zerstört. Die Gesichter werden zerkratzt, entstellt und gehäutet. Mit der Methodik der Décollage seziert die Künstlerin die Artefakte der Beautyindustrie und dekonstruiert das Konzept der vermeintlichen Schönheit. Dabei geht Stefanie Scheurell sensibel an die Arbeit. Nicht mit roher Gewalt vernichtet sie die ihr suspekte Ästhetik, sondern mit Feingefühl. Jeder Schnitt wird sorgfältig gesetzt, vorsichtig löst sie die Schichten und behandelt damit die Person hinter der photogeshoppten Oberfläche mit menschlichem Respekt. Ihr geht es nicht um einen politischen Kampf gegen die Fashionindustrie, sondern vielmehr um die persönliche Suche nach Identität und der Beschäftigung mit der Frage wie man selbst sich sieht und gesehen wird. Durch ihre Eingriffe werden die Motive auf eine andere Ebene der Ästhetik gehoben und erfahren damit auch einen Wandeln im Gesehen werden durch den Betrachtenden.

Veronika Fischer
Journalistin & Texterin